Manchmal stellt man sich ja schon die Sinnfrage und stellt seine Ideale auf den Prüfstein. Mir ging es jüngst so.
Die konkrete Frage war: Ist das, was ich tue, nicht nur kurz- sondern auch langfristig sinnvoll? Ist Datenschutz und Verschlüsselung in 100 Jahren wichtig?
Was wir getan haben
Menschen müssen und wollen bestimmte Güter wie Nahrung oder Kleidung konsumieren. Das wollen sie üblicherweise an jedem Ort zu jedem Zeitpunkt mit jedem Gut mit möglichst wenig Aufwand tun können. Sie sind außerdem soziale Wesen, die sich auf unterschiedlichste Weise miteinander austauschen wollen; von reiner Sprache über Schriftliches bis Kunst ist jede Kommunikationsform interessant. Nun wurden wir von der Evolution mit Eigenschaften wie Neugier, Intelligenz und noch diversen anderen Dingen ausgestattet, die uns eine kulturelle Entwicklung ermöglichten. Und so haben wir in den letzten Jahrhunderten ein beeindruckendes Güter- und Informationsverteilungssystem geschaffen. Nicht mehr und nicht weniger. Alles, was wir tun, kann man im weiteren Sinne darunter zusammenfassen.
Um dieses Verteilungssystem immer weiter zu verfeinern und unsererseits notwendige Interaktion möglichst zu minimieren, sind wir immer elaborierter vorgegangen. Wir haben Hilfsmittel erschaffen, die immer weniger Mitwirkung von uns erforderten. Wir erfanden Maschinen, die uns bestimmte schwere Aufgaben abnahmen, wir erfanden Wissenschaften, die uns das Erschaffen der Maschinen vereinfachten. Wir erfanden gar Maschinen, die diese Aufgaben sehr viel genauer, schneller, ja besser erledigten.
Was wir tun
Aktuell sind wir dabei, Maschinen zu erschaffen, die uns die letzte verbliebene, anstrengende Aufgabe abnehmen: das Denken. Wir sind dabei schon relativ weit. Sogar so weit, dass wir eine Idee haben, ab welchem Zeitpunkt diese Maschinen auch diese letzte Aufgabe genauer, schneller, besser erledigen werden.
Wie es weitergeht
Wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, wird sich dieses perfektionierte Güter- und Informationsverteilsystem ohne unser notwendiges Zutun weiterentwickeln. Es wird sich weiterhin perfektionieren und es wird wahrscheinlich nachhaltiger werden. Vielleicht wird es sogar aus sich selbst heraus perfekt werden. Nennen wir es zugunsten des Buchstabensparens im Folgenden „Moloch„.
So weit das Offensichtliche.
Ob dieser Moloch nun allerdings gut oder schlecht für uns als Spezies oder für diesen Planeten insgesamt sein wird, ist einfach nicht entschieden. Es ist sogar vollkommen offen – Entweder die Zeiten werden fürchterlich oder sie werden wundervoll.
Wozu dann das alles?
Wenn wir („wir“ == Datenschützer, Kryptografen & Stuff) nun also in unserem Tun alles daran setzen, dem Einzelnen Privatsphäre zu ermöglichen und möglichst alles effektiv und ohne Hintertürchen zu verschlüsseln, könnte man mit diesem Hintergrund die überaus berechtigte Frage stellen: Wozu denn bitte? Immerhin wird in nicht allzu langer Zeit ohnehin alles ganz vollständig anders; warum sollte man also noch Daten vor bösen Konzernen, Verbrechern oder Staaten verstecken?
Es gibt wohl zwei Möglichkeiten.
Wenn so ein Moloch gut sein soll, so muss er die Rechte der intellektuell unterlegenen Spezies schützen. Er muss ihr Autonomie zugestehen und darf sie nicht zweitklassig behandeln. Das erfordert stets ein hohes Maß an Freiheit und insbesondere der Freiheiten der Gedanken und der Rede. Daher ist auch hier die Vertraulichkeit der Kommunikation wichtig.
Sollten wir auf dem Weg zu dieser Zukunft versagen und der Moloch wird böse, so gelten diese Aspekte noch viel mehr. Und die Autonomie darf nicht vom Gutdünken des Molochs abhängig sondern muss technisch garantiert sein.
Kurz: Wir beschützen Daten mittelfristig nicht mehr vor bösen Unternehmen, Staaten oder auch nur Menschen.
Wir beschützen unsere Kommunikation langfristig vor den Maschinen.